Drei Romane: Königsbriefe. Herr Thomas. Teufelswesen

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February 24, 2012 | History

Drei Romane: Königsbriefe. Herr Thomas. Teufelswesen

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„Drei Romane”. Mit dem hier vorliegenden Buch wird versucht, bislang eher vernachlässigten menschlichen Schicksalen, historischen und sozialen Problemen mit ihrem Konfliktpotenzial und ihren Entwicklungsperspektiven literarisch Ausdruck zu verleihen.
Die für jedermann erfahrbare gesellschaftliche Tatsachenrealität des Heute allein erklärt natürlich nichts, vielmehr fordert sie den kritischen Zeitgenossen zum Nachdenken und eventuell zum Rebellieren heraus. Vielleicht bedient er sich der Wissenschaften oder er übt sich in zahlreichen kreativen Versuchen, die gesellschaftliche Realität zu erfassen und zu verarbeiten. Erfolg ist nicht ausgeschlossen. Allerdings wird sich dieser wohl kaum bis auf die gesellschaftliche Tatsachenrealität erstrecken ...
Eine literarische Figur, im vorliegenden Buch in drei verschiedenen Romanwerken auftretend, ist stets eingebettet in den sozialen Zusammenhang einer fiktiv verarbeiteten Realität und wird gerade durch ihn verlebendigt. In literarischen Figuren spiegelt sich möglichst gut das reale soziale Leben wider, hebt es allerdings dadurch (d. h. zumindest in der Fiktion des Romans) auf. Figuren können gewissermaßen als „real handelnde Personen” auftreten, Erfolge und Misserfolge erleben. Der Leser erlebt sie mit.
Kein Mensch der gesellschaftlichen Tatsachenrealität ist ohne einen sozialen Zusammenhang, in dem er interdependent lebt und arbeitet, denkbar. In Romanfiguren wird der Mensch, so könnte man sagen, neu geboren ...

Nun, schon der Titel des hier vorliegenden Buches mag verwundern. „Drei Romane” bedeutet nicht etwa, dass es sich um den Titel eines einzigen Romanwerkes handelt, sondern vielmehr um den Titel eines Buches mit drei unabhängigen Romanwerken. Diese drei Werke in einem Buch zusammenzufassen, halte ich für eine gute Idee, weil es bestimmte Gründe dafür gibt.
Es ist kein Sammelband im herkömmlichen Sinn, nämlich als Sammlung schon erschienener - möglicherweise erfolgreicher - Einzelveröffentlichungen, die hier endlich einmal in einem einzigen Band veröffentlicht werden sollen. „Drei Romane” ist eine Erstveröffentlichung von drei unabhängig voneinander entstandenen Romanen, deren Kreativprozess viel Zeit in Anspruch nahm. Sie wurden von mir in mehreren kreativ-kritischen Etappen von mir verfasst. An Hand der in der Titelei vor jedem Romanwerk angegebenen Jahreszahlen der Entstehung (mithin Hinweis auf die konkrete Entstehungsgeschichte jedes einzelnen Romanwerks!) lässt sich leichtens erkennen, in welchen Jahren ich mich mit dem jeweiligen Romanwerk befasste.
Starke Überarbeitungen des jeweiligen Werkes erhöhten, so hoffe ich doch sehr, den literarischen Wert. Manche Verwandtschaft der Aussage zwischen den drei Romanwerken führte dazu, dass in einer einzigartigen Kompaktheit zusammen ist, was normalerweise verstreut über Jahre und in Form verschiedener Verlagsveröffentlichungen den Weg in die Öffentlichkeit gefunden hätte oder noch finden würde.

Es ist nun einmal so, dass die drei Romanwerke manche Verwandtschaft miteinander aufweisen. Diese Verwandtschaft hat mich als Verfasser und Selbstverleger dazu veranlasst, ein einziges Buch, besser gesagt: drei Bücher in einem Band, wenn man es noch genauer nehmen will, zu veröffentlichen.
In geballter Form wird nunmehr dem Leser näher gebracht, was sonst in der ganzen Komplexität bei größerer Nähe zum realen gesellschaftlichen Leben der Tatsachen, schlecht erfasst werden könnte - wobei jedes einzelne Romanwerk eben nicht die ermüdende Länge hat, die einen Leser davon abhalten könnte, bis zur letzten Seite zu lesen.

Publish Date
Language
German
Pages
428

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Edition Availability
Cover of: Drei Romane: Königsbriefe. Herr Thomas. Teufelswesen
Drei Romane: Königsbriefe. Herr Thomas. Teufelswesen
2007, Kay Ganahl Selbstverlag
Paperback in German

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Book Details


Table of Contents

Aus "Drei Romane" von Kay Ganahl: "Teufelswesen"
Romaninhalt
1. Kapitel
Vor dem Hauptbahnhof
2. Kapitel
Versammlung. Das Teufelswesen
3. Kapitel
Schokofriedfrauteufel
4. Kapitel
Viel Zeit für Urlaub. Gruftie
5. Kapitel
Dorf und Stadt
6. Kapitel
Es waren einmal ein Maler Z. und Berta
7. Kapitel
Das Teufelswesen
8. Kapitel
Hier ist Berta X. (Das Teufelswesen!)
9. Kapitel
Dorf-AUS
BILDTEIL C
Copyright by Kay Ganahl.
All rights reserved.

Edition Notes

Published in
Solingen Germany
Genre
Roman

The Physical Object

Format
Paperback
Number of pages
428

ID Numbers

Open Library
OL23406641M
ISBN 13
9783000219641

Work Description

LESEPROBE AUS "DREI ROMANE", HIER DER ROMAN: "TEUFELSWESEN"

  1. Kapitel

Vor dem Hauptbahnhof

Vormittags; hier: offenbar zwei Leute, die sich mögen. Sie befinden sich auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs.
Sie wollen jetzt ein längeres (?) Gespräch führen. Irgendwoher kennen sie sich, wie eindeutig zu sehen ist. Um sie herum ist ein wilder Trubel mit einem großen Lärm, so dass ein geglückter intellektueller Austausch kaum möglich ist.
Aber - sie finden, dass sie richtig liegen. Nichts fehlt ihnen. Sie nicken sich voller Zustimmung zu. Dies ist ein sehr gefühlshaltiger Augenblick der rasch anhebenden Sorglosigkeit, indem eine junge hässliche Frau auf einen gestandenen älteren Herrn trifft.
Anvisiert wird beiderseits das Gefühl des gemeinsamen Glücks. Sie könnten sich momentan einander wie zwei liebende Götter vorkommen, zumindest als sehr geschmackvolle Menschen ... Persönlichkeiten, die sich lieben. Und: wahrhaftige Menschen!
Und: ... und diese junge Berta X., die in diesem Moment fröhlich ist; sehr bald sogar extrem heiter werdend: - ... ah, wollen sie auch grüne Blätter? Die schmecken, so äußert sie nunmehr. Sie reicht einen Korb mit grünen Blättern her, der von dem älteren Herrn mit Neugier genauestens in Augenschein genommen wird.
Er, Herr Z., der gestandene ältere Herr, ein Herr in einer hohen Funktion spricht laut mit einer Sorgenmiene:
- Nein danke!! Verzichte ... ! ... nun, es ist einfach so, ... diese ekligen sauren Pro ... Propropro ... Produkte mag ich nicht, bedaure. Übermorgen bekomme ich eine Lieferung Schokolade. Mit Schokolade kann ich mehr anfangen als mit solchem Grünkram. Von dem bekomme ich meistens Ausschlag. Das ... das sollte nicht ... sein!!!
Berta X. fragt gleich darauf lauthals: - Ist es denn wahr?
Z., würdevoll, eine Karikatur seinerselbst: - Ja doch! Derlei Produkte, Süßwaren, können mich hingegen erfolgreich resultativ in den Wahnsinn befördern.
Berta X.: - Ach ja ...? ... resultativ! Sie nickt dazu eifrig.
Z.: - Ja! Ich möchte behaupten, ...
Berta X. wirft dazwischen, laut: - Was denn ...??
Z.: ... , dass ich dies wissen kann, denn ich habe sie des öfteren probiert. Es hilft nichts, ich muss auf den Grünkram verzichten. Ich muss Süßes essen, Süßes!
- Süßes, mein Herr??
Er dann: - Natürlich!
- Süßes, wie lecker! Wie eklig! ... wie ...! ruft sie aus. Und sie fährt sich nervös durch die Haare. Braune lange Haare. Auf der rechten Backe hat sie ein dunkelbraunes Muttermal.

Er darauf schnell: - Allerdings, das darf ich jetzt mal anfügen, ... ist gegenwärtig mein Appetit auf Produkte der Süßwarenwirtschaft eher gering.
- Gering!?
Er: - Hören sie schlecht??
- Nein!
Er fährt fort: - Von meiner Familie fragt mich keiner mehr, ob ich Sü?es mag. Ohne Frage bin ich für meine Familie einer, der darauf abfährt, egal was sonst passiert. Die Familie schenkt mir manchmal zum Geburtstag Schokotorten.
Und Berta X. sagt: - Na also. Ist es denn wahr?

Um die beiden herum bildet sich eine kleine Traube Menschen, die unbeteiligt aussehen, es auch sind. Sie stören aber. Berta möchte von ihnen weg, wird aber von dem in diesen (offenbar für ihn) recht interessanten Augenblicken köstlich amüsierten Z. davon abgehalten, der sie an ihrem Maxirock festhält. Sie kreischt auf. Sie lacht danach schallend.
- Hahahahahahahaha!!!!!!! Und Z. reagiert zerknirscht, blödelt kurz mit einem völlig fremden Beistehenden, der sich aus der Traube gelöst hat, herum; lässt sich dann aber wieder mit ihr ein.
Er sagt zu Berta: - Haha. Sie sind zitierwürdig!!

Bemerkenswert ist, dass sie eine Gute ist, die man erhaben findet, wenn man ihr begegnet. Sie strahlt Unschuld, Naivität und Jugend aus, eben das, was sie auch besitzt. Und nun setzt sie ein zwanghaftes Lächeln auf.
- Ja, ... wollen sie denn kein einziges grünes Blatt haben und genießen, ... wirklich keines?? fragt sie Z..
Z., der sich enger zu ihr gesellt sagt hierauf: - Nein, ich kann solche ... nicht vertragen. Sie bringen mich auf die Palme - meine Gesundheit ist schnell hinüber. Ich habe Probleme mit meiner Gesundheit, immer wieder ... immer wieder ... Vor Jahren habe ich für mich selbst schon beschlossen, keine Waren dieser Art mehr zu essen. Ich bedanke mich für das Angebot.
- Bitte sehr! sagt Berta.

Jetzt ist Berta bereit, sich vom Vorplatz des Hauptbahnhofs zu verabschieden, um woanders hin zu gehen, wo man sie nicht kennt, wo sie keiner mir nichts dir nichts anquatscht - sie für eine Prostituierte hält oder für eine Drogenabhängige. Hierzu muss sie allerdings erst einmal den Z. abschaffen, der ihr schon ziemlich auf die Pelle gerückt ist. Ein bisschen gequält fühlt sie sich von ihm.
- Das ist die Zeile, wo man sich trifft und seine Probleme bespricht! sagt Z., den sie trotz mehrerer ruhiger Bewegungen (von ihm fort) nicht los geworden ist.
Eine Feststellung muss gemacht werden: irgendjemand scheint ihm auf die Spur gekommen zu sein; dies hat Berta schnell bemerkt. Ganz auffällig guckt er sich um. Berta fragt sich nunmehr: Warum könnte jemand auf seiner Spur sein? Warum ... könnte seine Spur an sich von Interesse sein? Sehr auffällig für Z. beobachtet ihn Berta, während er sich eingehend umguckt.
Berta hat schon bald, da sie entschlossen versucht hat, sich von Z. abzusetzen, die nächste Stra?enecke, an der Nutten stehen, erreicht. Z. ist ihr aber gefolgt. Er kann mit seinen Blicken nicht von ihr lassen. Berta ist von Z. genervt, spricht hier und jetzt keinen Menschen an, wird auch von keinem angesprochen. Lichter blinken jetzt, abends, an und aus. Reißerische Sprüche von Werbern vor Clubs und Lokalen beeindrucken Berta jetzt und auch sonst ein wenig, aber sie könnte nicht dazu veranlasst werden, ... einzutreten. Das liegt, so würde sie es sicherlich begründen, daran, dass sie eine „kleine Moralistin“ ist, die viel auf sich hält – die eine Selbstbestätigung erhält, wenn sie an solchen Personen, die am Nachtleben der Stadt eifrig beteiligt sind, lässig vorbei schlendert. Sie ist eine Moralistin und kennt keine Gehässigkeit, ist gerade deshalb entschlossen, bei einer Willensstärke, auf die sie sich was einbildet, auf jeden gestrauchelten Menschen persönlich einzugehen! Und nun?

Sie sagt, etwa fünf Meter vor einem sie einschüchternden, auch übel stinkenden und überaus hässlichen Türsteher von etwa 1, 90 m Körpergröße verharrend:
- Die psychisch fast oder ganz Zerrissenen, ... all die kleinen gescheiterten, gerade wirtschaftlich gescheiterten Existenzen, ... ja doch wohl die ... deshalb sozial Entwurzelten, ... die Bleibelosen, die Geldlosen, die Würdelosen, dann schließlich die Leblosen ... die Vernichteten; man denke auch an die infolge von Umständen, für die sie nichts können Entrechteten, ... Gepeinigte jeder Art und überall!

Z.: - Ja? Er befindet sich hinter ihr, um ruhig abzuwarten. Neugierig. Der Türsteher hat ihm schon begreiflich zu machen versucht, dass er zu verschwinden habe. Doch Z. hat nicht darauf reagiert.
Zunächst Berta weiter: - ... schrecklich! Schrecklich!! All diese Menschen verwirren mich, weil es sie gibt. Sie sind für mich mehr wert als alles auf der Welt.
Z., amüsiert sprechend: - Aha!
Berta fährt fort, währenddessen sie hin und wieder gähnt: - Für sie würde ich sterben wollen, nachdem ich mich für sie stark gemacht habe. Das ist es ... .

Unmittelbar rechts neben ihr befindet sich nun Z., der ein Knie, das verletzt ist, in gebückter Haltung reibt. Er dürfte eine Zerrung haben,

die von einem Arzt behandelt werden sollte. Das, so meint er dann, sei nur eine Vermutung seinerseits. Nun ist er so drauf, dass er sogar mühelos-heiter in die weißen Wellenkämme greift, welche er vor seinen Augen tanzen sieht, um innerlich, ziemlich cool jedes Anzeichen von Sorge verscheuchend, zu erstarken. Ja er ist, so darf gesagt werden, ein umgänglicher älterer Mensch, eine Persönlichkeit, wenn auch keine von Rang - und man kann mit ihm rechnen, aber mit seinem Körper (mächtig, hoch gewachsen ist er ja, schlank und dynamisch, sportlich sowieso, ein Recke von Deutschem, wunderbar, wunder ... lich auch; er hat Schuhgröße 50. Oh.) treibt er es zuweilen zu wild. Ein herrlicher Mensch, ... der ist er durchaus! (Hier könnten ihm gerade auch ein paar hübsche Mädchen applaudieren, da er sein böses Knie reibt, - eine Miene der Unschuld im Gesicht!)
Sein Knie schwillt in diesem Augenblick etwas bedrohlich an, als er doch tatsächlich noch bei ihr, sie auch bei ihm, verweilt, während der Türsteher in eine Stimmung gekommen ist, die sehr bedenklich ist.
Seiner Stimmung ausgesetzt zu sein ist wenig empfehlenswert.
- Weg hier, Leute! tönt endlich der immer ungeduldiger werdende Türsteher und schwenkt eine drohende Faust. Z. lacht aber nur hierauf. Er will diese dumme Geste nicht kommentieren. Und Z. sagt zu Berta, die ihm direkt gegenüber steht und sein Knie kritisch in Augenschein nimmt: - Zerrissene, ... Entwurzelte! Berta lächelt hierauf lediglich.
- Haut ab, ... ihr komischen Typen! Wir erwarten hier Gäste, ihr seid das kaum! ruft der Türsteher laut und weist mit dem rechten Zeigefinger weit ins Gelände. Z. unterdrückt ein Gelächter, fummelt nur noch ein bisschen an seinem Knie herum. Es sieht so aus, als würde er die Verletzung nicht mehr ernst nehmen.
Allenthalben ist kein bisschen Licht in Z., was ihn aufregen könnte; auch vor ihm, hinter ihm ist da momentan nichts. Keinen Auftrieb scheint es heute abend noch geben zu können ... mickrig ... Aber was ist denn jetzt?! Gewissermaßen branden wieder diese Wellenkämme in ihm auf, nun hoch aufpeitschend gegen etwas; da ist anscheinend eine schwarze Wand in seinem Bewusstsein. Jedes Verzweifeln ist für ihn augenblicklich ein hoffnungsloses Unterfangen. Auch jeder Gedanke an eine Rettung vor diesem Monster, was in ihm geboren worden sein könnte. Angst! Angst? Nun, Z. gilt den Menschen nicht als ein unvernünftiger Zeitgenosse, denn er ist Präsident einer Genossenschaft. Ja so ein dumpfer, gerissener Prachtkerl ist er wohl, der sogar bei vielen jungen Damen einen Schlag hat. Da gilt es immer wieder, sich etwas zu beweisen.

Es meint Z. manchmal im Selbstgespräch: - ... ha, auch für mich haben sie einen bleibenden Wert, der zu achten und zu beachten ist, ... die jungen Damen ... die Mädchen und Frauen ... was weiß ich ...
Berta, die schon wieder langsam zu lächeln begonnen hat – der

Türsteher ist momentan mit anderen Personen vollauf beschäftigt, macht seinen Job - ringt sich nunmehr gezielt ein kräftiges, aber auch müdes Lächeln, geringschätzig rüberkommend ab, woraufhin Z. sein Bein mit dem verletzten Knie auf den Boden aufsetzt.
Berta entfährt ein: - ... da muss ich mich ihnen anschließen. In aller Aufrichtigkeit: nichts von dem, was sie sagen, ist unwahr, irgendwie verschroben oder billig, nein, es ist zutiefst wahr, wahr, wahr!!

Darauf kann Z. nur noch mit einem bestätigenden Kopfnicken reagieren.
Der Türsteher wendet sich plötzlich wieder den beiden zu, während in seinem Rücken ein paar emsige Schleicher unkontrolliert vorbei kommen. Sie werden sich ihres Erfolgs noch einige Minuten lang erfreuen können, so darf vermutet werden. Berta will sich vorerst mit dem Türsteher auseinandersetzen; allerdings: sie gibt keinen Mucks von sich, als sie der Türsteher böse anstarrt. Will er sie gleich wegbrüllen? Berta, dadurch so stark auch wieder nicht eingeschüchtert, spielt aber nicht mit ihren kleinen, bescheidenen Muskeln, wie sonst so gern. Sie ist verängstigt, hat vielleicht Angst um ihr Leben. Dieser Türsteher stellt ohne Frage eine gewisse Bedrohung für Leib und Leben dar.
Vielleicht nimmt Z. diese Bedrohung nicht als eine Bedrohung wahr; oder vielleicht unterschätzt er diese Bedrohung nur.

Er, der Genossenschaftspräsident, der sich in seiner Heimatstadt gern ein paar Stunden in der Woche als ein politisch Engagierter gibt, hat eine Sorge, nämlich
- ... , dass man mich wegen einer unwichtigen, ungefährlichen Verletzung am Knie aus dem ... politischen ... Verkehr zieht, so dass ich den Anschluss an die moderne technische Entwicklung der EDV verliere, mich auf meine eigenen geistigen Fähigkeiten, meine eigene geistige Energie konzentrieren muss; in Geist und Energie könnte jedoch eventuell nicht allzu viel gefunden werden.

Der Türsteher gibt ihm ohne einen nachvollziehbaren Grund zu haben eine Backpfeife, so dass Z. auf seinen beiden Beinen etwas zu wanken anfängt; er hält sich noch durchaus wacker. Wieder kümmert er sich um sein verletztes Knie. Alsdann gibt er Kunde von seiner momentanen Befindlichkeit, sagt, es gehe ihm einigermaßen. Dann aber spricht er Berta direkt an:
- Sie, Berta, kommen sie endlich von dem Typ weg. Der wird sie zerquetschen, wenn sie nicht parieren. Reinlassen wird er sie keinesfalls. Wollen sie da Wurzeln schlagen?
- Wie? fragt sie nach, weil sie nicht begriffen hat, warum Z. ausgerechnet in diesen Augenblick so etwas spricht, denn nicht sie hat jetzt mit dem Türsteher zu tun, sondern Z. selbst.
Berta möchte von dem Türsteher vielleicht eine Eintrittskarte billig erstehen ... möchte vielleicht mit dem Türsteher irgendwas besprechen.
- Kommen sie, wir gehen jetzt! fordert Z. Berta auf.
Und Berta reagiert leicht schelmisch, ruft aus: - ... Blabla!!
- ... blablabla ... bla ... , setzt der Genossenschaftspräsident fort. Nochmals wird ihm vom Türsteher, der die ganze letzte Zeit über zuschaut und zuhört, eine Backpfeife gegeben. Danach murmelt er unhörbar für andere irgendetwas in seinen Bart, der von der Oberlippenpartie bis an das Unterteil des Kinns reicht und braun ist.
Der Türsteher wendet sich von den beiden erst einmal wieder ab, hat ja seine beruflichen Pflichten wahrzunehmen.

Was gibt es jetzt noch zu Z. zu sagen, was von Relevanz wäre? Nun, ... es ist mit Z. einfach so, dass er alles hat, was man sich wünschen könnte. Reich ist er zwar nicht, bloß als ein wohlhabender Bürger zu bezeichnen, doch von ihm erhofft man sich allgemein mehr als nur einen, so wird das oft gesagt, falschen Stolz auf sein Vermögen, den er häufig zeigt. Zumal er eine Genossenschaft leitet und für seinen privaten Reichtum nichts kann. Geerbt hat er sein privates Vermögen; entweder muss er dies tapfer ertragen oder versuchen, es nach und nach abzutragen, damit andere Menschen in den Genuss der Werte kommen, welche für die Allgemeinheit durchaus einen größeren, sicherlich auch produktiveren Nutzen haben könnten als für Z. selber.

Inzwischen hat sich Berta über Z. und den Türsteher eine Menge Gedanken gemacht. Sie findet, dass sich dieser Mann, Z., an sie nur so heran geschmissen hat, ohne dass sie eine Gelegenheit dazu gehabt hätte, sich von ihm kräftig und selbstsicher zu distanzieren ... . Z. ist ihr ziemlich suspekt; er ist ein Präsident, was viel bedeutet - diese Menschen, so denkt sie sehr gewissenhaft, doch wenig kenntnisreich, wissen immer ganz genau, wofür sie sich einsetzen und sie schonen Andersdenkende selten. Das denkt sie vom Grundsatz her, vielleicht denkt sie damit aber falsch. Vielleicht könnte Z. ihr Leben durcheinander bringen, es sogar potenziell gefährden.
Männer wie er, denkt sie falsch, denkt sie vielleicht aber auch richtig, haben immer (oder auch nur meistens) konkret-materielle Absichten und Ziele, Wünsche allemal; sie erglänzen in einem glorreichen, doch moralisch abstoßenden Absichtsspektrum. Das muss sie nicht mögen, geschweige denn gut heißen.

Minuten später. Viele Menschen befinden sich nicht hier.
- Trotzdem ... es ist schon gut, sagt sie zu dem mürrischen, ihr gegenüber geschäftstüchtigen Türsteher, der inzwischen mit ihr, von sich aus, ein Gespräch angefangen hat, weil er sie doch als einen Gast gewinnen möchte.

  • Bei uns ist es preisgünstig, hübsche Frauen bekommen Sonderrabatt!!
    sagt er Berta ins Gesicht. Z. steht gelangweilt in der Gegend herum. Berta fühlt sich negativ berührt, hat jedoch nicht sogleich den Mut, diesem Manne etwas heftig und entschieden zu entgegnen!

So kommt es nur zu einem:
- ... ja, ja. Darüber muss ich mir Gedanken machen. Gleich, gleich!!
Der Türsteher: - Aber warten sie mit ihrer Entscheidung nicht zu lange. Der Laden ist jetzt schon proppevoll.
Für einen Moment ist sie in Gedanken versunken, macht eine Hinbewegung zur offenen Tür, aus der Popmusik tönt.

Der wohlhabende Genossenschaftspräsident Z. will zu ihr besonders nett sein, darum streichelt er den Mantel, der um ihre Beine schladdert. Nun, die Frau hat vorerst andere Sorgen. Um das Knie des Herrn Z., der doch immerhin noch recht helle wirkt, möchte sie sich nicht (mehr) kümmern müssen. Das er neben ihr ist, kann sie allerdings kaum verhindern. Dieser Mensch ist eben anwesend; in seiner Anwesenheit liegt ein gewisser Scheinsinn, für den sie eintreten will, sagt denn auch:
- Bitte, warten sie nicht zu lange!! ... müssen sie denn nicht austreten ... äh, ja ... aus ... treten!!?? Müssen sie denn nirgendwo hin? Werden sie abgeholt, umsonst von den öffentlichen Verkehrsmitteln transportiert, von ihrer Ehefrau wegen Allüren gescholten, nein, nein, nein??!!
Hiervon stark überrascht, weicht Z. vor Berta zurück, die ihm nur zu gerne einen Arschtritt verpassen würde. Aber aus Rücksicht auf den Türsteher und die Umstehenden (es haben sich wieder einige eingefunden!), die ins Lokal wollen, sieht sie von dieser sehr praktischen Maßnahme ab.

Scherzhaft-ironisch, als er ein Stück weit von ihr zurück getreten ist:
- Liebe junge Dame, ich verehre sie. Bitte, lassen sie mich an sie heran! Nun möchte ich ihnen ganz nah sein!!
Aber Berta, die wieder mal ihre Schlagfertigkeit unter Beweis stellen kann: - Lieber alter Herr, ich verehre sie nicht, nein. Bitte, ... ich bitte darum ... lassen sie mich ihnen verdeutlichen, dass ich mit ihnen nur ein harmloses, bedeutungsloses, weitgehend inhaltsleeres Gespräch geführt habe!! Begreifen sie?
- Ich? Nein! ruft Z. aus und fasst sich an die Stirn. Der Türsteher ist stark mit anderen beschäftigt.

Z. begibt sich in die Mitte der Umstehenden. Aus eben dieser Mitte der Umstehenden, die sich um die beiden herum versammelt haben, kommt sowieso bald kein Wort zur Güte, sondern unter anderem folgendes:

  • ... heil, heil, heil!!! Die gute hübsche, äh hässliche dickliche Berta im roten Plastikröckchen kontert in heller Aufregung. Sagt, ja schreit, ja poltert geradezu ... :
  • Das kann doch nicht wahr sein! ... eine Anzahl der finstersten Gestalten der deutschen Hetz- und Kriegsvergangenheit könnten sich hier versammelt haben, ich glaube es ...
    Wieder von den anderen: - Heil!!! Sieeeg!!!
    Berta kurz irritiert, dann ausrufend: - ... kaum! Man werte es als eine Provokation, die ohne Gleichen ist! Es ist so schnell wie möglich zurück zu schlagen - ... aber sofort und verbindlich!!
    Und wieder die anderen, sie brüllen laut: - Himmelheilundhimmelrunter!!!

Der Türsteher ist sehr nervös geworden, Ablehnung dieser geräuschvollen Aktion zeigt sich in seinem Gebaren und sofortigen Handeln, denn schon stürzt er zwischen Berta und diese Personen des übelsten Heils, welches es auf Erden jemals gegeben hat. Und Berta schwingt die linke Faust. Der Genossenschaftspräsident glotzt ganz feist. Immer noch ist er unter den Umstehenden. Er muss sich umgehend auf Bertas Seite schlagen. Das ist nämlich notwendig. Noch steht er ganz unscheinbar in der Mitte all der Leute, die sich übel geäußert haben. Der Türsteher versucht die Umstehenden entschieden, aber doch nur mit sanfter Gewalt abzudrängen. Damit hat er keinen großen Erfolg. Will Z. nicht involviert werden? Er ist das ohne Zweifel in diesem Augenblick. Berta erwartet Solidarität gegen diese zweifelhaften Menschen, die sich so aggressiv gegen sie geben. Z.s Gesicht scheint, wie Berta gerade vorhin hat wahrnehmen können, vernagelt zu sein. Er sagt nichts, auch nicht mit seinem Gesichtsausdruck. Vermutlich ist er dabei, seine Emotionen machtvoll zu unterdrücken. Der Türsteher beachtet Z. kaum, lässt ihn stehen, wo er steht. Will Z. immer noch nicht involviert werden? Dieser ... Z.?! Vielleicht gehört er zu diesen „Umstehenden, diesen deutschen Helden“? Diese sind inzwischen größtenteils vom Türsteher vertrieben worden. Er muss nicht unbedingt die Polizei zur Hilfe rufen.

Es wäre möglich, dass Z. zu den deutschen Helden gehört. Z. meint schließlich, aber recht einsilbig, wenn auch aggressionslos:
- Dieser Tage, Berta, fühle ich mich so mittelmäßig. Ich habe keinen Drang, mich hervorzutun. Egal, was noch passieren wird, es darf mich nichts in den Schlund hinabzerren!!
Die Umstehenden brüllen: - Dieser Narr! Er will von uns abfallen! Und sie rempeln ihn an. Zerren an ihm. Spucken ihn an. Schmähen ihn mit unaussprechbaren Worten. Berta regt sich auf, als sie dies sehen muss. Das ist doch wohl deswegen, weil sie sich selbst und nun auch Z. von diesen Umstehenden direkt angefeindet sieht.

Sie reagiert sich mit wenigen Worten ab: - Machen sie was gegen diese Leute, Genossenschaftspr ... ä ...!!! Sie stehen da wie ein Idiot!

Z. ist in dem entstandenen Tumult ihren Blicken entschwunden. Sie reckt den Kopf, sucht und sucht.
Berta, aufgeregt: - Wo sind sie jetzt? Brauchen sie Hilfe?? ... weg, sie werden mich verstehen, oder? Sie wollen doch lieb und liberal sein, wenn ich sie bisher richtig ausgedeutet habe, oder was sonst?

So sehr sich Berta auch streckt, sie findet ihn nicht mehr. Er scheint auf einmal wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Der Türsteher hat sich zu der Tür zurück begeben, wo sein Arbeitsplatz ist.
Heute hat sich Z. an sie heran gemacht, was sie schrecklich fand. Sie sieht plötzlich (immer noch sucht sie ihn eifrig inmitten der böswilligen Menschen ringsherum!) ein, dass er eine Macke haben muss. Denn er hat sich viel getraut, zu viel! Sie hatten sich gerade mal etwa eine Viertelstunde gekannt, da war er schon an ihr rotes Röckchen gegangen. Nein, so etwas! Darüber wunderte sie sich nicht wenig. Aber er ist eben keiner der Killer (welcher auch immer!?), sondern einer der Ladykiller, wie sie augenblicklich befürchtet.
Ein Verwirrter aus der Gruppe der zurück gedrängten Umstehenden, von denen noch einige am Ort sind, stürzt auf sie zu. Der Türsteher sieht das sofort, rennt herbei und versucht ihn zu stoppen, was ihm auch gut gelingt. Ein langer, schriller Schrei, den dieser Verwirrte ausstößt, erschüttert Berta bis ins Mark.
Auf einmal meint sie Z. irgendwo hinhuschen zu sehen, sie könnte sich aber wirklich getäuscht haben.

Die Menschen am Ort stören Berta massiv, weil sie allesamt auf sie einschüchternd wirken. Immer wieder kommen neue hinzu. Durch die Einschüchterung fühlt sie sich bedrängt. Und Berta ist sehr nervös, verängstigt und beobachtet diese Gruppe so gut es geht. Unauffällig. Konzentriert. Aber jederzeit könnte wieder irgendjemand auf sie zustürzen. Eigentlich müsste sie sogar sehr viel Angst haben.
- Weg sind sie, ... weg, so sagt Berta auf einmal. Wie kommt sie zu dieser seltsamen Äußerung, die eine falsche Beobachtung enthält? Sie möchte diese Menschen aus der Gruppe etwas fragen, da sie sich so ihrer Gefühle entledigen könnte, ist aber innerlich blockiert.
Nun ja: wer sich ihrem, also Bertas, mentalem und emotionalem, auf sozialem Weg realisierten Einfluss entzieht, denkt sie, ist selber schuld. Jedermann sollte ihr gegenüber freundlich und aufmerksam sein. Wenn er es nicht ist, trägt er daran allein die Schuld. Sie hält sich für eine tapfere (hübsche und hässliche) junge Dame.

  • Wer ist denn das? fragt sie, starrt direkt zwischen die Augen des

Türstehers. Die einschüchternden Menschen der Gruppe bilden mittlerweile eine bedrohliche Menge von potenziellen Angreifern.
Der Türsteher, welcher während einer kurzen Zeitspanne keine Arbeit hat, ist leicht entzückt, weil ihm Berta diese Frage gestellt hat. Meint sie nicht ihn?
- Ich bin es nur! antwortet er folglich.

Der Türsteher möchte sie nunmehr in sein Lokal lotsen. Z. zeigt sich überraschend in voller Lebensgröße bei Berta und hört zu, was der Türsteher zu sagen hat.
Berta versteckt sich zunächst gekonnt hinter ihrer Liebenswürdigkeit:
- Nein, danke!! Gerne entsinnt sie sich ihrer lächerlich kleinen sexuellen Wünsche, ihres geringen Sexualtriebs, doch genauso ihrer gezielt ausgeschickten Liebespfeile u. a. Gar nicht erotisch-positiv ist ihre Hinneigung zu den Menschen hier, die mit faschistischem Gebaren diesen Straßenzug zum Geschehensort von unsinnigen Propagandaaktivitäten machen wollen, wie es aussieht! Das wollen sie ganz spontan, direkt und unvermittelt, gewissermaßen gewalttätig-radikal tun; nun einmal eventuell auch mit der Handkante, nur ist es bislang nicht dazu gekommen, weil sich Berta nicht hat vertreiben lassen. Dieses "heil, heil, heil!" ist ihr jetzt noch in den Ohren, welche sie sich zupflastern lassen würde, wenn es dadurch möglich wäre, keinen sinnlosen Quatsch hören zu müssen. Sie benötigt ihre Ohren in voller Funktionsfähigkeit. Pflastern, das Pflastern, diese vielen Pflastersteine auf der Straße, die sie momentan in Augenschein nimmt. Berta sieht sie in diesem Moment als glänzende Pflastersteine.
Z., der Genossenschaftspräsident, wird sehr unruhig, weil die Menschen hier auch ihn als Zielobjekt ihrer Verachtung ausgesucht haben.
Anscheinend hat in der Kürze der Zeit der Türsteher eine Zuneigung zu Berta entwickeln können, fordert jetzt scherzhaft und geradezu vulgär, hierbei noch muskelspielend und ... frech:
- Bitte um Gnade ... und ich flehe sie an, euer Gnaden, ... bitte natürlich außerdem um sittlichen Anstand, in der Folge um die Aktivierung ihres Sinns für Recht und Ordnung, hernach um die praktische Ausführung des Sich-Entfernens von diesem Teil der Straße der sittlich-moralischen Ordnung ...!

So etwas gehört zu haben, ist erbaulich. Es baut einen wahrlich von der Innenseite der Psyche zur Außenseite hin auf. Ach ja? Keiner möchte hören, was so ein Türsteher an Persönlichem oder Politischem zu sagen hat - er wird für mehr oder weniger unbedarft gehalten. Berta denkt so?
- Ich bleibe! ruft Berta aus. Der Türsteher steht auf einmal frontal vor Berta, grinst sie an.
- Wie? meint er nun. Berta sollte krachend lachen, aber sie nimmt ihn voll ernst. Sogar bietet sie ihm einen Campingstuhl mitten auf der

Straße an, die er mitsamt seinem Lokal zu beaufsichtigen scheint; nun, die Realität ist folgende, die sie ihm geistig näher zu bringen versucht, indem sie geschickt eine vermittelnd-konziliante verständnisvolle Haltung einnimmt:
Einfühlsam-ironisch: - Wie wär's, wenn wir uns mal hier hinsetzen! Ein Campingstuhl wurde von Z. aus dem Auto geholt, dessen Halter und Fahrer er ist; es steht nur ein paar Meter weiter in einer der Nebenstraßen. Dieser Stuhl war schnell geholt.
Z. verweilt abwartend neben den beiden. Berta setzt sich, ebenso der Türsteher. Und verschiedene unberechenbare Menschen, wahrscheinlich gewaltbereit, lungern in der Nähe herum. Sie ... tun jetzt was? Jedenfalls: Berta will ein Gespräch.

Und einfühlsam-ironisch: - Ich möchte ernsthaft behaupten, dass sie nett und unverbraucht sind, auch pflichtbewusst und durchsetzungsfähig, so stellt Berta sachlich gegenüber dem Türsteher fest.
Der Türsteher: - Meinen sie mich? Er grinst weiterhin. Provokativ wirkt das sicherlich auf Berta.
Berta, noch gelassen: - Allerdings!
- Das glaube ich nicht. Ich bin nicht nett, ... unverbraucht ... was wissen sie denn schon ...?
- Ich glaube an mich! Ich glaube an alle Frauen auf der Welt! Hören sie zu: diese Rabauken da drüben müssen gefesselt und geknebelt werden! Darauf kommt es jetzt an, nicht auf ein intellektuelles Gespräch!
- Ja, wie sie meinen! Ich entscheide darüber aber nicht, das muss die Polizei. Ich rufe sie gleich ... was dagegen?
- Nee, bitte, machen sie mal! Nur zu! sagt Berta. Z. nickt dazu zustimmend. Und der Türsteher rührt sich kein bisschen.
Berta fährt im Vortragsstil fort: - Das mit Menschen wie ihnen diese Gesellschaft umzukrempeln wäre, wenn man sich zusammenraufen würde, diszipliniert zusammenraufen würde, was möglich wäre, ... nun, sie sind allem Anschein nach einer dieser Menschen, auf die man zählen möchte, aber nicht so recht zählen kann ...!

Der Türsteher ist über derartiges verblüfft, findet nicht den gedanklichen Anschluss. Schlimm! Wovon spricht die Frau?
Berta kichert blöde, Z. geht ein wenig auf Distanz zu den beiden, mit einem Auge die Gruppe der Unberechenbaren beobachtend. Sie agieren bedrohlich. Was sie hier und jetzt überhaupt erreichen wollen, außer vielleicht noch in das Lokal gelangen zu können, ist rätselhaft.
Der Türsteher schnackelt Berta nunmehr ziemlich harmlos an, was sie kühl zur Kenntnis nimmt; er ist hernach offensichtlich froh, zu Bertas Sätzen einen Kommentar abgeben zu können. Seine arrogante Hinterfotzigkeit setzt er clever hintan. Er blickt Berta in die Augen,

fixiert sie streng. Und dann spricht er ohne die nötige Gelassenheit zu der Berta X., die er vor sich hat, und von der er so gut wie nichts kennt als ihre hübsche Visage, ein paar Inhalte.

Der Türsteher: - Ach, so ist das. Was sie gesagt haben, haben sie ganz im Ernst gemeint.
- Ach ja!!! äußert Berta hämisch.
Er weiter: - Ich dachte schon, sie wollten mich auf der Stelle von hier entführen. Mich vielleicht die Bühne des Lebens verlassen lassen. Es hätte mich, ehrlich gesagt, ... bitterlich enttäuscht, ...
Sie: - Ach ja!?!? Ich töte niemanden ohne Not. Es braucht zumindest einen triftigen Grund. In ihrem Fall gibt es diesen noch nicht, ... noch nicht ... also: vielleicht wird es ihn irgendwann einmal geben!
Er weiter: - ... allerdings! ... ich wäre über die Leichtigkeit meines Abtretens enttäuscht gewesen.
Z. schweigt sich momentan aus; die Gruppe von anderen Menschen, die sich auf dem Vorplatz des Lokals befindet, wird noch unruhiger. Längst haben sich ein paar ohne den Türsteher Eingang ins Lokal verschafft. Andere provozieren, indem sie ihn von ferne her anpflaumen, worauf der Türsteher nicht reagiert.
Berta erlaubt sich ein genaueres Hinsehen, eine Analyse von des Türstehers Äußeren. So stellt sie fest, dass er wenig attraktiv ist, für einen Türsteher schlampig gekleidet. An ihm findet sie wenig Würdigungswertes. Die Pilotweste, die er trägt, ist bekleckst. Seine bunte Krawatte baumelt an seinem Hals - die Knöpfe seines hellblauen Hemdes sind lose. Und auf seinem Kopf ist schütteres Haar. Was sich unten befindet, ist heile-heile-Gänschen ... schaltet keine Dame der feinen oder unfeinen Gesellschaft auf Lampe Rot.
Augenblicklich, und auch weil sie nur so zum Spaß vor ihm kniet, ist sein Gänschen aufgeregter als sonst ... , er sagt:
- Ich will ..., wobei er belustigt dreinschaut.
- Was? fragt Berta, als wäre sie überrascht über diese Äußerung.

Tja, so verhält sich die hübsche oder hässliche kleine Berta X., die er durchaus gerne bei sich reinlassen würde, jedoch steht dem einiges entgegen, dass sie nämlich nicht in das Lokal, vor dem er als Türsteher tätig ist, herein gehen will. Sie hat einfach nicht die Absicht; und Z. sagt zu diesem Thema nichts. Er wartet ab. Der Türsteher braucht allerdings keineswegs, da Berta vor ihm kniet, die Nerven zu verlieren.
Sie, süffisant: - Schön, ... was?
Er: - Hmm. Und was passiert jetzt?
Sie: - Das sage ich nicht!
Er: - Und ...! ... mir kommt das Grausen. Diese Frau ... diese Frau ... sie ist widerwärtig hübsch ... bah, bah! Eine Furie von ... Arsch ... loch ... Mannomann ...

Sie fährt auf und brüllt ihn an: - Was ist das für eine bodenlose, ... h ... h ... odenlose Unverschämtheit!?!?!?
Er, bass überrascht: - Was???? Ich hab' doch nichts gesagt! Erstarrt kurz, ist auch kurz sprachlos. Und sie stehen dann einander ohne Regung gegenüber. Z. kommt zu Berta und zieht sie ein wenig von dem Türsteher weg, wogegen sie sich nicht sträubt.
Z., leise: - Komm' schon ...!
Berta, leise: - Ach ja, ach ja ... diese Kerle ... der scheußlichen Schöpfung ...
Verschiedene Menschen, die näher gekommen sind, applaudieren nunmehr auf offener Szene.

Berta! Sie meint, dass Männer sie erotisch anziehend finden - verschiedenen Männern den Atem raubt, wenn sie sie nur anschauen! Außerdem nimmt sie an, ihre Wirkung auf die Männerherrlichkeit sei manchmal sogar umwerfend. Dann dürfen Männer sie umgarnen!
Vor einem Türsteher weiß sie sich selbst hoch zu schätzen, ohne es ständig sagen zu müssen – dieser Mann findet keinen Ausgang aus dem Bereich des Lachens, den er betreten hat. Das ist ein Bereich, den er anderen vielleicht selber schon immer öffnen wollte, welche aber dankend darauf verzichteten.
Wo ist der Türsteher jetzt? Ah: da! Er beobachtet den Versuch seitens Z., Berta zu entfernen. Dieser gibt sich sanft Mühe, ohne ein Wort zu verlieren. Der Türsteher läßt sich während des Beobachtens, was Berta aufregt - und er lässt immer wieder Personen ins Lokal, denn er muss mal wieder seine Aufgabe ordentlich ausführen - als sie es hört, zu einer Äußerung hinreißen, die sie bald in eine üble Stimmung wirft.

Er lacht über ihre Reaktion. Den Frauen allgemein stehe er, hat er Berta dreist zugerufen, sehr kritisch gegenüber; für seinen Berufsstand sei dies von Nachteil. Nothing is easy! Und wie er so dasteht, rings um ihn herum die aggressiven Damen und Herren, die ... Berta am liebsten in den Boden stampfen würde, verzehrt er Schoko-Vanille-Eiskrem. Er hat sie vor wenigen Minuten von einer jungen Verehrerin in die Hand gedrückt bekommen; vom Eis platscht ein bisschen auf den Boden.
Dieses köstliche Eis am Stiel, das er momentan in den Händen hält, ist lang und kalt und sehr süß. Sein Lieblingseis.
- Heeee, Berta ... ich sag's ihnen gar nicht ungern: ... Frauen, Frauen sind bescheuert, und ich ertrage sie nicht. Das sage ich frank und frei, so wie ich sie da sehen kann, ... mit diesem ... wie heißt er noch ...?
Berta, wütend ausrufend: - Z.!!! Berta? Ist Berta auch so eine von diesen weichen Frauen, die sich unkritisch, vielleicht unterwürfig anhören, was so ein Kerl zu sagen hat, ohne möglichst gleich dem entschlossen-heftig etwas zu entgegnen?
Nun steht sie leider an dieser Tür des Lokals, nicht weit von dem Türsteher entfernt, Z. neben sich, der unwirsch ist und von dort fort will (lieber gestern als heute).
Er kritisiert: - Warum kommen sie nicht einfach mit und schon sind wir von hier fort. Dieser Türsteher ist doch unerträglich, diese ganzen Leute hier sind es, alles hier ist es ... oder? Berta nickt zur Zustimmung, verharrt jedoch, etwas traurig aussehend, weiterhin vor der Eingangstür. Sie erträgt beide, sowohl Z. als auch diesen dubiosen Türsteher, bei dem man nicht weiß, wer er wirklich ist und was er wirklich in seinem Beruf kann, ja ob er gegenwärtig überhaupt seinen Beruf normal ausübt.

Warum hat sie sich auf die Nähe zu dem Türsteher eingelassen? Diese Frage ist (zumindest derzeit) unbeantwortbar.
Unverständlich ist, dass dieser Türsteher herumpoltert. Er nimmt keine Rücksichten. Die Leute (jetzt sind hier keine möglichen Attentäter auf Leib und Leben, Ruhe und Ordnung von Berta und Z. mehr sichtbar) sind zwar viel ruhiger als zuvor, doch es ist jetzt der Türsteher, dessen Stimmung bedenklich ins Negativ-Destruktive gekippt zu sein scheint.
Er drischt Sprüche. Er wird unflätig. Er bedroht mehrere Personen. Auf Grund seiner nur Unsicherheit ausstrahlenden Verhaltensweise sollte er am besten verschwinden, augenblicklich seinen Job einem anderen überlassen ... Er macht sich aber an Berta auf dem Wege der praktischen Demonstration eines einen hehren Kunstsinn verratenden Selbstverteidigungsgriffs heran. Z. geht in Deckung.
Gegen ihn setzt sich Berta mittels der Ausübung einer bekannten Selbstverteidigungssportart zur Wehr. Der aggressive Türsteher geht schnell ohnmächtig zu Boden. Sein im Fallen ausgestoßener Hilferuf verhallt ungehört. Am Vorderkopf blutet er leicht. Z. allerdings beugt sich über ihn, guckt ihn sich aus dieser kurzen Entfernung etwas genauer an.
Dann sagt Z.: - Mit dem ist es nicht aus, er kommt gleich wieder zu Bewusstsein.
Berta: - Sag' bloß, hätt' ich nicht gedacht! Ich ... bin doch sonst viel effektiver in Ausübung meiner kampfsportlichen Fähigkeiten! Und Z. lächelt verständnisvoll. Wenige Minuten später wacht der Türsteher wieder auf.

Wahrscheinlich kann er in diesem Augenblick nicht anders, als während einer steilen Anhebung seines Selbstbewusstseins einige krasse Sprüche zu klopfen, die für ihn inhaltlich wertvolle Aussagen darstellen:
- Diese ... bah ... all diese Frauen von heute - ich bin vierzig; die Frauen von heute sind nicht mehr zu bändigen! Wer will was von denen? Null Ahnung. Ich habe auch keine, ehrlich. Da muss man mich schon hinstoßen, freiwillig koste ich von keiner einzigen. Sie sind da, um auf sie zu pfeifen, sie sollten ein Verlust für jedermann, der als Mann viel auf sich hält, sein!
Berta redet rüde dazwischen: - Was reden sie da, sie Idiot! Aber der Türsteher fährt unbeeindruckt fort. Was er denkt? Anzunehmen wäre folgendes, nämlich: Scheiße und Pisse, tatsächlich: Fra -, ... Fra-, ... einfach unerträglich! Aufknü-, ... möglichst sof-. Dafür möchte er gern, so ist hier anzunehmen, persönlich tätig werden und sowieso mit Worten ständig einstehen; doch er wagt keine entsprechende verbale Äußerung gegenüber jedem anderen Menschen, besonders den anderen Menschen, die ihn möglicherweise tatsächlich stark gefährden könnten. Berta gehört in seinen Augen anscheinend nicht zu diesen Menschen.
Die ihn Gefährdenden, tja, sie würden ihn aufknüpfen, also die hier dann eventuell herumstehenden volkszornigen anderen Menschen, die noch wilder sind als er. Bah! Nichts für ungut! ... der Türsteher, der sich jetzt mit einer offenen Bitte direkt an Berta zu wenden beabsichtigt, wird von ihr sogleich brüsk zurück gewiesen, aber er bleibt vor ihr tapfer stehen. Er gibt ihr zu verstehen, dass sie für ihn nicht wichtig ist, in keiner höheren sozialen Position steht; für ihn hat sie nur eines an und in sich: sie existiert hier, an der Tür, die laut Türsteher die Pforte zur Ewigkeit der Lüste ist. Berta gilt ihm als ein durchaus überflüssiger Mensch, der ihm lästig ist. Weil Berta nicht von hier verschwindet!

Der Türsteher kläfft Berta an: - ... dumm wie sie, ... sie sind dumm, hören sie! Warum sagen sie nichts? Hallo! Und Z. wird es zu bunt, weshalb er einschreitet. Mit Gewalt reißt er den Türsteher von Berta weg, die endlich etwas aufatmen kann. Aber der Türsteher, der von Z. nicht gebändigt werden kann, fasst sich schnell wieder und holt zum Gegenschlag aus. Er pausiert nur kurz. Alsdann hebt er mit seiner Stimme lauter als zuvor an, worauf Berta einige Meter zurücktritt. Z. hält sich mit seinen beiden Händen die Ohren zu.
Der Türsteher, arrogant ausführend: - Sie fordern nur, ... die verdammten Frauen; sie sind das Allerübelste für die Männer, die arbeiten, alles für alle geben, sich opfern und in Bergwerke wie in Seelen steigen, um zu tun, was sie tun müssen. Frauen sind meistens Unmögliche! Sie sind Bestien, ... Furien!
Verunsichert wendet sich Z. dem Türsteher zu, dessen hasserfülltes Gesicht er von der Seite her leicht wahrgenommen hat. Er will ihn zur Rede stellen, der Türsteher jedoch wendet sich entschlossen von Z. ab, wogegen er Berta, die auf ihn zugeht, sogar erwartet. Und Berta, bald nervös werdend, mit einem zementierten Gesicht, tritt zu dem Menschen, diesem Türsteher hin. Sie scheint notiert zu haben, was er gesagt hat. Z. verfolgt das Geschehen mit weit geöffneten Augen des größten Erstaunens.
- Was sie da gesagt haben ist ein unglaublicher Hohn auf alle Frauen! Ich verabscheue das zutiefst! äußert Berta mit dem Brustton der Überzeugung.
- Was? Frau ...!? erwidert der Türsteher.
- ... was sie gesagt haben, zeigt auf, das ihr ganzes Denken katastrophal vorurteilsgetränkt ist. Höchstwahrscheinlich stellen sie zu hohe Forderungen an ... Frauen ... ich wage das nicht mal auszusprechen ...
- Was?
- Sie sind ein Idiot, sie ... Türsteher!!! blafft sie den Menschen an, der zusammenfährt. Er steht da. Er sagt nichts. Er ist zurecht gewiesen worden. Das stärkt Bertas Selbstbewusstsein aber keineswegs. Nicht wenig enttäuscht von diesem Menschen, der ihr doch ganz gleichgültig sein könnte, will sie schnellstens die Kurve kriegen, dreht sich um hundertachtzig Grad um die eigene Achse – und lacht aus vollem Halse, was Z. irritiert. Nämlich er wünscht sich, dass sie endlich mit ihm zusammen die Kurve kriegt!
Ach, Berta ist so bescheiden, trotzt der verschiedenen Bescheidenheiten anderer; wie so oft in ihrem Leben wirkt sie in diesem Moment eher zu wenig selbstbewussst, sogar ein bisschen unbeholfen, sie kratzt sich am Ohrläppchen. Dann saugt sie, den Strohhalm zwischen den Lippen, noch etwas aus einem Getränkebehältnis. Das verursacht ein Geräusch. Z. tritt nun näher zu Berta, hält seine Arme schützend um sie. Des Türstehers Augen bohren sich währenddessen in den Asphalt, der heiß ist.
Er muss aufschreien: - Ahhhhhhhhhhh! Hooooooooooooo! Das klingt reichlich komisch, gar nicht nach Entsetzen, weshalb ein Gekicher und Gejohle von überall her auf den Türsteher eindringt. Er möchte abhauen. Berta nimmt sich diesen Menschen nun richtig vor.
Eigentlich will Berta durchaus nicht viel Anteil an seinem Berufsleben nehmen, sich nicht in das einmischen, was sie jetzt gerade an dieser Örtlichkeit von diesem Berufsleben erfahren hat. Es gibt dafür keine objektive Notwendigkeit. Dieses Berufsleben kann ihr grundsätzlich gleichgültig sein. Es ist einfach so, dass sie möchte, er soll die ihm anvertraute Aufgabe ausführen, also über alles und alle hier wachen, manchmal Leute abfangen und sie eventuell einer Leibesvisitation unterziehen. Wer nicht in das Lokal rein darf, muss draußen bleiben. Normal ist das. Er soll nur normal arbeiten!
Selbstverständlich soll er dabei nicht etwa mit anderen Menschen, eventuell mit Gästen des Lokals Schindluder treiben, ohne dass Berta das rechtzeitig registrieren kann, weil er (zur Täuschung vielleicht, warum auch immer!) einfach eine kultiviert-unscheinbare Anwesenheit des Allzugewöhnlichen seines Alltäglichen vornimmt. Und dabei, sehr klug, Berta über seine Absichten sowieso nicht informiert, so dass sie arglos mit gewöhnlichen Handlungen und Verrichtungen fortfährt sowie die für sie typischen Ansichten vertritt; unter anderem auf der Straße weitergeht, ohne auf das Verhalten des Türstehers zu achten, der hinter ihr ungewöhnliche Initiativen in Gang setzen könnte. So wäre es möglich, dass er hinter ihr her wäre, um sich an ihr zu vergehen.

Nun denn, sie schiebt in diesem Augenblick zusammen mit Z. ab! Beide sind unterwegs. Von diesem Unterwegs ist Berta kein bisschen abzubringen. Aufzuhalten wäre sie gewiss nicht!
- ... dann rufe ich nach meinem Z.! Z.!?!?! ruft sie nunmehr. Aber Z. ist in ihrer Nähe. Sie unterbrechen ihr Unterwegs.
Er mit Ungeduld: - Ja, was ist denn los? Wir müssen endlich weg von hier! Hast du das immer noch nicht kapiert?
- Oh doch, deshalb laufen wir doch.
Er, mit Nachdruck: - Wir müssen eilen!
- Das würde ich nicht sagen! erwidert Berta und sputet sich doch ein bisschen.

Berta – das sei an dieser Stelle einmal ausdrücklich mitgeteilt - ist ein Mensch ganz absonderlicher Art: Menschen, die sich an sie heranmachen, stoßen sie einerseits ab, andererseits stoßen sie bei ihr auf ein stärkeres Interesse, sobald sie von ihr abgewiesen wurden. Z. wurde nicht ein einziges Mal von ihr abgewiesen. Eigentlich ist noch nichts zwischen beiden geschehen.
An dieser Stelle gilt es auch, einen Blick des Interesses auf diesen Menschen Z. zu werfen, der sich plötzlich von Berta trennt und alleine weiter geht. Da geht er nun, ohne von Berta gesehen zu werden, durch die Innenstadt in der Nähe des Hauptbahnhofs; es gefällt ihm, von der praktischen Neugier der anderen Menschen, Fußgängern traktiert zu werden. Relativ gut fühlt er sich während seines Spaziergangs; das Alleinsein inmitten der Leute gefällt ihm. Schon in der geringsten Aufmerksamkeit, die ihn trifft und die ihm auch bewusst wird, badet er geradezu, deutet sie als Neugier bezüglich seiner Person. Sie können ihn traktieren, bitte sehr! Angenehm traktiert fühlt er sich, super! Am liebsten hätte er dies mitten in die Leute gerufen. Also geht er beschwingt durch sie hindurch.

  • Hi, wie geht's? fragt er locker nach einiger Zeit - er hat eine warme Frikadelle in der Hand und in sie gebissen - einen schlanken, ganz in eine schwarze Kluft geworfenen, vermutlich parteilosen Gruftie, der in der Innenstadt, nahe des großen, beeindruckenden Kirchenportals, nur so herumlungert. Der Gruftie, schätzungsweise 20 Jahre alt und unter einer dichten, langen und schwarzen Kopfbehaarung verborgen, dreht sich gerade genüsslich eine Zigarette. Er sieht dabei „aus der Welt“ aus. Z. muss ihn einfach ganz intensiv neugierig anblicken, was er aber zu auffällig macht, da er vor ihm stehen geblieben ist und ihm zu nahe kommt. Das ist Belästigung! Oder etwa nicht? Denn der Gruftie hat binnen weniger Sekunden eine Geste der Ablehnung gemacht, die nicht falsch zu deuten gewesen ist.
    Dann fragt Z. den Gruftie allenthalben: - Wieso machen sie so etwas Abwegiges? ... hier Zigaretten drehen, dabei schwarze Sandaletten und einen schwarzen Umhang tragen ..?
    Der Gruftie mit einer hochmütigen Gleichgültigkeit: - Wie meinen?
    Z.: - Ich meine: ... Personen anzuhalten und anzumachen, die ihnen nicht gefallen, sie vielleicht um ein paar Pfennige anzubetteln und so weiter? - Kapiere ich nicht! Nun ja, dieser Gruftie betrachtet sich als angepöbelt.
    Und er erwidert leicht düpiert: - Es könnte sein, dass ich in der Annahme irre, in ihnen ... äh ... so einem ... wie sagt man? ... nun ja: Staatsbürger gegenüber zu stehen, der sich verhält, wie man sich verhalten sollte!!
  • Was? fragt Z. nach. Er ist mehr als nur erstaunt, derart Gestelztes von einem "Abwegigen" zu hören – sogar verärgert ist er! Dabei vermeint er, ruhig bleiben zu sollen. Überreaktionen wären falsch, denkt er rasch selbstkritisch. Da gibt es jetzt kein großes Rätseln und Abwägen! Allenthalben ist er etwas zu schnell emotional berührt. Er prustet auf einmal vor Lachen. Der Gruftie reagiert darauf mit Betroffenheit.

Dann fährt Z. den Gruftie grob an:
- Nein, ... wirklich, ich muss kotzen ... ein irrender Zeitgenosse, abgerissen und bitterarm, der ohne jeden Dank ist! Ohne mich!
Gruftie: - Wie???
Z.: - Wie 'wie'? Quatsch! Das ist doch klar, was ich ihnen sagen will: Hier gibt es keine Sorglosigkeiten, die zu einem Unrecht ermächtigen.
Gruftie, verständnislos: - Hä??? Welches Unrecht? Wovon sprechen sie, Mann!?
Z., aggressiv: - Deutsche Staatsbürger reden keinen Zimt ... !!!
Gruftie: - Zimmmm ...
Z., laut auftrumpfend:- Genau! Ebenso müssen Gruftis einsehen, ... oder wie nennt man euch? Ebenso müssten Gruftis einsehen können, dass man sich anpasst, wenn man überleben will. Der gestandene deutsche Mensch ist brav, arbeitet und schlaubergert nicht ungezielt in der Gegend herum.
Der Gruftie guckt sehr irritiert, und: - Das hab' ich jetzt gehört ...

Der Gruftie bewegt sich von Z. fort, langsam, fast gebückt, jetzt schleichend, so dass Z. ihm eigentlich viel lieber etwas nachbrüllen würde. Doch er widersteht der Versuchung. Es wurde der „deutsche Gruftie“ in seine Schranken gewiesen. Und jetzt? Z. beobachtet ihn ganz genau, und was er sehen muss, stößt ihn natürlich ab, denn dieser Gruftie ist ohne die „Normalen“ zu beachten, bedenkenlos dazu bereit, weiterhin seine Zigaretten zu drehen, Blödsinn zu denken. Bald hat er offenbar vor, auf einen Friedhof zu gehen.
Ja, ... Z. ist ihm unauffällig gefolgt, freut sich seiner Beobachtungen. Er hat tiefe Gedanken, die er denkt, weil sie durch seinen Kopf strömen, obwohl er sie nicht denken will. Keiner dieser Gedanken strömt gleichförmig, auch nicht wirklich gehaltvoll-klar. Tatsächlich würgt er sich einen ab, dieser deutsche Staatsbürger in Gestalt des Herrn Z..
Der Gruftie buddelt momentan in Friedhofserde. Z. sollte hier und jetzt eingreifen ... aber er beschränkt sich auf das Beobachten und wartet geduldig. Sieht ihn der Gruftie überhaupt? Z. hat schon immer gemeint, wie er sich augenblicklich zu erinnern vermag, ohne es einem anderen Menschen mitzuteilen, nicht unbeschränkt Gruftis oder ähnlichen Gestalten, eben solchen „Abwegigen“ persönlich begegnen zu müssen.
Dann hat der Gruftie sein Buddeln beendet und steht da, als würde er am Loch, welches er gerade mit Engagement und hoch konzentriert gegraben hat, Wache halten. Es herrscht Stille. Es ist so, dass Z. den Gruftie am liebsten – so ist nun einmal sein Gefühl – in dieses Loch, einem Grab sehr ähnlich, schubsen würde. Jetzt hat der Gruftie Z. ohne Zweifel erkannt und nickt ihm zu. Sie wechseln kein Wort miteinander. Z. hängt wieder gewissen Gedanken nach, ohne zu handeln. Der Gruftie guckt versonnen ins Leere, wohingegen Z. sich seiner Gedanken erwehren zu müssen scheint, so dass ein wütendes Gegrummel zu hören ist. Ab und zu wäre es ganz angenehm, wenn Z. kein Problem hätte, mit dem er sich auseinander zu setzen hat.

Z. entfährt wütend ein: - Sie da! Er stolpert auf den Gruftie zu.
Gruftie müde, aber gelassen: - Ja. Er hockt sich auf die Erde und starrt vor sich hin. Im Grunde ignoriert er Z..
Z.: - Sie da!!! Wütend.
Gruftie: - Nee ... Der Gruftie starrt gelangweilt. Z. hockt sich ebenfalls auf die Erde. Er wartet das weitere Verhalten des Grufties ab.

Der Gruftie und Z., sie gehören wie Z. = Glück und Gruftie = Pech zusammen. Der Gruftie hält sich für einen guten Menschen, ein Gutes, ein Vollkommenes; berührt in der Hocke (beide hocken unmittelbar nebeneinander) eine der beiden hinteren Hosentaschen von Z., die offen ist. In dieser befinden sich Geldscheine. Jetzt zieht der Gruftie einen Zehneuroschein aus dieser Hosentasche und bedankt sich artig bei Z.. Z. ist irritiert, bleibt aber vorerst in der Hocke sitzen.
- Was ist? fragt er den Gruftie.
- Ich habe ... ihnen ..., flüstert der Gruftie und lacht. Z. schluckt, schaut sich um. Er wankt in der Hocke.
- Wenn nur Berta hier wär'! Die würde es ihnen zeigen! ruft er aus, als er festgestellt hat, was ihm fehlt.
- Wer? blökt der Gruftie und scheint sich aus dem Staub machen zu wollen. Er eilt fort. Und Z. kommt nicht sofort hinterher.
- He, warten sie mal! Mir fehlt ein Geldschein!!! schreit Z. und will dem Gruftie folgen, fährt auf und rennt los. Die Zeiten ändern sich, die Gesellschaften ändern sich ebenfalls, jedoch in weitaus geringerem Ausmaße.
Und Z. ruft dann aus: - Dieser Kerl ist wohl das Übelste, was mir jemals begegnet ist! Dieser ist irgendwo hin, während Z. ein paar Grabstellen
weiter stehen geblieben ist. Er möchte laut fluchen, denkt aber daran, dass er hier auf einem Friedhof ist.
- Dieser Kerl ist unmöglich! spricht er leise. Weiter: - ... in allen Ausstattungsvarianten ist der Gruftie ein Exemplar von ... niedrigster Güte. So huldigt Z. dem, der sich seinen Blicken inzwischen ganz entzogen hat. Er findet es müßig, sich größeren inneren Gefühlsstürmen auszusetzen. Ruhig will er jetzt vom Friedhof weggehen.
- Soll dieser Kerl doch irgendwo mit meinem Geld einen drauf machen ...! hebt Z. mit größter Gleichgültigkeit an. Von weiter entfernt winkt in diesem Augenblick der Gruftie Z. fröhlich zu. Berta tritt in Erscheinung, sie ist ungefähr 10 Meter von dieser Szene am offenen Loch, äh Grab entfernt. Sie wird von Z. wahrgenommen.
Berta äußert sich nun mit einem: - ... der deutsche Mensch, der deutsche Mensch, ... er komme nur einmal über mich!
- Ach ja? schreit Z. zurück.

Z. ist alles andere als eine Killernatur, die alles nimmt, was sie kriegen kann, wenn sie nur draufballert (und sonst wäre alles Luft). Er blickt auf sich mit einem großen Selbstbewusstsein, von Zaghaftigkeit oder Weinerlichkeit keine Spur! Man könnte allerdings sagen, dass er bei jeder Gelegenheit auf den Lukas haut, sobald er ihn auf einer Kirmes sieht. Natürlich tötet er nicht schnell einen Menschen, keine Frage! In Berta hat er (an diesem Tag, in diesem Moment!) eine Frau vor sich, die zärtlich, tierlieb und einfach nett ist, geradezu vor Nettigkeit überläuft, so dass er sie (heute) mögen muss. Sie, die den Türsteher stehen gelassen hat, verlässt wider Erwarten schnurstracks den Friedhof in Richtung auf ein altes Kiosk, um sich die Tageszeitung vom Tage zu kaufen, vergeudet keine Minute dabei. Nichts könnte jetzt schöner sein, als die aktuelle Ausgabe einer Zeitung zu erwerben, in der berichtet wird, wie sie sich fühlt, denn sie ist eine junge Politikern mit Charme und weit tragendem Erfolg.
Ein Herr Genossenschaftspräsident Z. könnte ihr, wenn er es denn überhaupt wollte, kaum etwas anhaben, denn er ist ein Harmlos-ling, der sich nur an sie heranpirschen will, um sie in Besitz zu nehmen, wie sie übrigens auch ganz zutreffend selber annimmt. Es ist bisher nicht zu erkennen gewesen, aber sie ist eine politische Persönlichkeit, die bis vor kurzem unter starkem politischen Beschuss gestanden hat, weil sie in ihrer Funktion als Staatsanwältin einen der größten Kriminellen in der Stadt hinter Gittern brachte. Für sie ist Z. ein Ballast!

Zu Z.s „Entschuldigung” kann man wirklich nur anbringen, dass er ...
glücklicherweise keiner der in der Stadt herum irrenden Killer ist, die einer der brutalen Banden angehören. Er ist im Grunde ein braver Staatsbürger mit einem soliden politischen Interesse. Mafia-Verbindungen können ihm nicht nachgesagt werden. Die Treue zum „System“, in welchem er lebt, ist ihm äußerlich gut anzusehen.
Oh, lieber Herr, du hast dir einen passenden Verteidiger deiner geistigen, moralischen, sozialen usw. Grundlagen in diesem Menschen auserwählt! Er schätzt seine Rechte, wenn er muss, genauso wie die der anderen Menschen! Gott schätze ihn! Seine Zeit auf Erden wird nicht schnell abgelaufen sein. Er wird dafür selbst Sorge tragen, alles für sein eigenes Wohlsein tun! Dabei muss die Liebe zur Wahrheit nicht ganz flöten gehen. Sie dürfte aber eine zweitrangige Bedeutung in seinem Alltagsdenken haben.
Für den Staat, die Politik, zumal die wirtschaftlichen Zusammenhänge, wie sie ihm begegnen, interessiert er sich ja durchaus, wenngleich nicht so sehr wie Berta. (!) Man muss ihm dies nicht unbedingt übel nehmen, jedoch sollte er auch nicht allzu hoch dafür geschätzt werden. Die Politik des Tages, wenn man sie beruflich ausübt, frisst viel Lebenszeit, hingegen nicht, wenn man nur so ein Genossenschaftspräsident ist, der hauptsächlich für seine beruflichen Angelegenheiten einzutreten hat. Aber die sind besonders wichtig für ihn und die, die ihm im Beruf in der Hierarchie untergeordnet sind.

Z. lebt allein. Er hat seinen Beruf. Er hat wenig Freunde, doch dies sieht er nicht negativ. Manchmal ist er mit Berta zusammen; man hat es sehen können. Öfter zieht es ihn dort hin, wofür sie gar kein Interesse aufbringen könnte. Seine genossenschaftlichen Berufsangelegenheiten sind für sie unwichtig.

Ende der Leseprobe

Kay Ganahl
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